15.Oktober 2019 bis 22. Oktober 2019
Turin hatte uns nicht begeistert. Vielleicht lag es am tristen Wetter oder wir haben schon genug italienische Städte gesehen.
Bei dem Regen werkeln wir den Vormittag über im warmen, molligen Mole und rollen erst Mittags wieder los.

Der Po bei Turin

Ponte Umberto I, eine Brücke in Turin
Das schlechte Wetter lässt uns die weitere Planung ändern. Im Aostatal, am Mont Blanc und auf dem Großen St. Bernhardt Pass soll es die ganze kommende Woche regnen und schneien. Auf der anderen Seite der Alpen sagt der Wetterbericht auch nichts Besseres voraus.
Kurzentschlossen wollen wir Richtung Comer See, wieder über den Maloja-Pass und dann dem Inn talwärts folgen.
Über Chivasso und Vercelli geht es durch endlose Reisfelder rechts und links der Landstraße nach Novara. Eigentlich wollten wir hier übernachten. Die Stadt ist ein Einkaufszentrum zwischen Turin und Mailand, nicht auf Touristen ausgerichtet. Alle Parkplätze sind für PKW vorgesehen, Höhenbeschränkung oder schmale Einfahrten mit engen Kurven. Der einzige in den einschlägigen Foren angegebene Stellplatz existiert nicht mehr.
Also 25 km weiter nach Magenta, wo es einen Stellplatz an einem großen Sport- und Campingcenter gibt.

Magenta, Stellplatz am Camping-Sport-Magenta, ein großes Wohnmobilcenter mit Werkstatt, N 45° 28.687 O 008° 53.267, Ver-/Entsorgung, kein Strom, frei
In der Nacht zieht ein schweres Gewitter über uns hinweg. Der Sturm und der Regen schütteln den Mole, aber am nächsten Morgen sieht er aus, als würde er frisch aus der Waschstraße kommen.
Das Hymer-Wohnmobilcenter müssen wir uns kurz anschauen
Italienische Hymer sind Innen mit moderneren Farbkombinationen als bei uns, z.Bsp. Weiß mit grauen Akzenten, eingerichtet, die Grundrisse sind gleich.

Am Morgen haben wir schönes Wetter, zum ersten mal können wir bis zu den weißen, weil schneebedeckten, Bergen sehen.
Wir ändern ganz leicht unsere Route und fahren die 40 km nach Mailand

Hofeinfahrt zur Podere Ronchetto dellla Rane

Hofverkauf
In der Mittagszeit kommen wir zu einem großen älteren Bauernhof mit Wohnmobilstellplatz , im äußeren, schon mit Straßenbahnanschluß zu erreichenden, Bereich von Mailand.. Der Platz liegt hinter hohen, den Hof umgebenden Mauern, mit allem was zu einem Bauernhof gehört, Hühner, Hähne, Katzen und Hunden, dabei ein 20 Jahre alter, blinder und tauber kleiner Hund, der emsig seine Runden gedreht hat, alles läuft frei rum.

Ronchetto delle Rane, betonierter Stellplatz im Innenhof eines Bauernguts, Verkauf von Agrarprodukten, 500m zur Straßenbahnhaltestelle, von dort in 30 Min zum Duomo in Mailand, N 45° 24.089 O 009° 10.962, Ver-/Entsorgung, Strom, 20,00 €
Später starten wir mit der Straßenbahn (Line 3 oder 15) und fahren zur Piazza Duomo.

Mailänder-Dom und die Reiterstatue Vittorio Emanuele II

Fassade des Mailänder-Dom's

Vialen und Figuren am Duomo di Milano

Chor des Duomo di Milano
Als erstes gehen wir natürlich zum Duomo.
Wir müssen feststellen, das man nur über ein sehr aufwendiges, zeitintensives Verfahren hinein kommt. In der Tickethalle stehen wir in einer Schlange an um eine Nummer zu ziehen, wie bei uns an der Fleischtheke, mit der wir dann an der eigentlichen Kasse aufgerufen werden. Dabei stellen wir fest, wir haben noch gut 50 Nummern vor uns. Wir brechen ab, heute sehen wir den Duomo nicht mehr von innen.
Nach dieser Erfahrung, und der weiteren Information in der Touristinfo, daß der Eintritt zu Leonardos Abendmahl bis Ende Oktober ausgebucht sei, schlendern wir einfach durch die Stadt.

Louis Vuitton Time Capsule Exhibition in Mailand
Mitten auf dem Piazza del Duomo steht ein Ausstellungspavillion, der sich bei näherer Ansicht als eine Ausstellung über die 165-jährige Geschichte der Fa. Louis Vuitton zeigt, jeder darf hinein, nach einer professionellen Taschenkontrolle (nicht auf die Echtheit der Tasche, auf den Inhalt).
Während des Rundgangs werden auch die verarbeiteten Materialien und die Herstellung gezeigt.

Ausstellungsstücke in derLouis Vuitton Time Capsule Exhibition in Mailand

Reisekoffer von Louis Vuitton
Wir schlendern weiter durch die Straßen, die auch das „Quadrilatero della Moda“, das Goldene Viereck, genannt werden, Luxusstraßen der Modewelt. Die Passanten passen zur Umgebung.

Vittorio Emanuele II mit seiner Galleria
Dabei kommen wir natürlich auch in den Einkaufssalon Mailands, die Galleria Vittoria Emanuele II. Sie wurde 1877 errichtet und beherbergt die Luxusmarken der Welt, unter einem gläsernen Dach, welches ein Kreuz bildet.

Die Glaskuppel der Galleria Vittorio Emanuele II in Mailand

Mittelpunkt der Galleria Vittorio Emanuele II mit der Glaskuppel
Der Mosaikboden ist am Mittelpunkt besonders aufwendig gestaltet, mit den wichtigsten Stadtwappen Italiens, um das „Zentrum der Savoyer“.

im Mitelpunkt der Mosaikböden der Galleria Vittorio Emanuele II

das Wappen des Hauses Savoyen

das römische Wappen

das Mailänder Stadtwappen

das Stadtwappen Florenz

unter den 4 Wappen findet man auch den Stier von Turin, hier sieht man die „verrücktesten“ Tanzdarbietungen, der Aberglaube der Mailänder sagt: Frauen die sich auf den „gut bestückten“ Stier setzen und Männer die sich auf dem Absatz dort um ihre eigene Achse drehen, erringen Fruchtbarkeit. (meine Erfahrung sagt, das einen solche Vorgehensweise eher kontraproduktiv ist). Im Rahmen der Emanzipation und vermutlich auch wegen der kalten Fliesen drehen sich heutzutage auch die Touristinnen auf ihrem Absatz. Der arme Stier hat eine Delle an besagter Stelle und das Wappen muß regelmäßig ausgebessert werden.
Auf dem Weg zur Staßenbahn kommen wir an der Kirche Chiesa di San Giorgio al Palazzo vorbei. Wie Hermann immer so schön sagt: eine Kirche pro Tag geht
Wir schauen hinein.

Chorraum in der Chiesa di San Giorgio al Palazzo

Bild im Seitenaltar

der Seitenaltar in der Passionskappelle mit einem Gemälde Bernardino Luini von 1516
Danach geht’s zum Abendessen mit der Straßenbahn wieder zurück.
Am nächsten Morgen um 7Uhr werden wir, vom sehr schönen Glockenspiel der kleinen Kirche neben dem Stellplatz, geweckt. Nach einem ausgiebigen Frühstück starten wir noch einmal in die Stadt.

Via Dante eine der Fußgängerzonen

Reiterstandbild Giuseppe Garibaldi
Diesmal geht es zum Castello Sforzesco.
Ursprünglich herrschaftliche Residenz, wird es während der Fremdherrschaft über die Mailänder durch Spanier, Österreicher und Franzosen zur Kaserne. Erst Ende des 19.Jahrh. wird das Schloss restauriert und zu einem Museum.

Denkmal San Giovanni Nepomuceno am Castello Sforzesco

Castello Sforzesco
Mit der Eintrittskarte kann man, wenn man es schafft, 13 verschiedene Sammlungen ansehen.

Eine Reiterfigur und ein Sarkophag aus dem 14. Jahrhundert. Die Reiterfigur zeigt Bernabo Visconti, den damaligen Herrscher Mailands, und wurde 1363 fertig gestellt. Der Sarkophag, ebenfalls aus der Schule von Bonino de Campione, wurde 1380 bis 1385 gefertigt.

Die Madonna mit dem Kind ist eines der besonderen Werke Leonardo da Vinci’s. Das besondere Spiel mit Licht und Schatten in Verbindung mit der daraus resultierenden physischen Bewegung macht das Bild so außergewöhnlich. Dieses wurde von Francesco Galli, aus der Schule Leonardo da Vinci’s, in der Zeit zwischen 1490 und 1492 während des Aufenthalts des Meisters in Mailand fertig gestellt

Der Gonfalone von Mailand ist ein 5,90m hoher und 3,98m breiter Wandteppich von 1565, der auf beiden Seiten die gleiche Darstellung aufweist. Bei Prozessionen konnte er somit von beiden Seiten betrachtet werden. Hergestellt wurde er in einer Mischung von Webtechniken mit Gold- und Silberfäden und Malerei mit eingearbeiteten Schmucksteinen und Perlen. Er zeigt Szenen aus dem Leben des St. Ambrose in Bezug auf die Stadt Mailand.

Salla della Asse, man findet Leonardo da Vinci überall
Der Auftraggeber, für die 1498 begonnene Ausgestaltung, war Ludovico Maria Sforza, wegen seiner schwarzen Haare, der dunkle, il Moro genannt
Er wollte die Seidenraupenzucht fördern und verlangte von allen Landbesitzern das sie 5 Maulbeerbäume (im lombardischen Dialekt moron) je 654 qm Land, ein damals gebräuchliches Flächenmaß, anpflanzen mussten.
So ist es nur zu verständlich das dieses Motiv der Maulbeerbäume, moron / il Moro in Verbindung mit der Stärke und der Langlebigkeit der Bäume, von Leonardo verwendet wurde.
Über die Grundskizzen kam er aber nicht hinaus. In 1499, nach der französischen Invasion durch Ludwig XII, musste Ludovico Maria Sforza seine Herrschaft aufgeben und floh nach Innsbruck.
Der Raum wurde als Lager genutzt. Erst 1893, als das Castel in städtischen Besitz überging, begann man mit dessen Restaurierung. Als in 1897 zwei Fenster aus der Sforza-Zeit restauriert werden sollten, fand man, unter einer dicken Schicht Putz, die Skizzen Leonardo da Vinci’s.
Verschiedene Restauratoren haben sich seit dem versucht. Seit 1954, wurden die Ergänzungen und Ausbesserungen, der früheren Jahre ,langsam wieder auf den ursprünglichen Zustand zurück geführt. Heute zeigt man in einer aufwendigen Videoshow, unter Einbeziehung der alten Strukturen, die Pläne und Entwürfe Leonardo da Vinci’s.

Sala della Asse Entwurfsdetail von Leonardo da Vinci

die Decke im Sala della Asse
Nach der Einkaufsmetropole Mailand mit all ihren Touristen, zieht es uns jetzt in ein ruhigeres Viertel.

Basilica di San Lorenzo di Milano

Reste von römischen Säulen

Porta Ticinese
Vorbei an der Basilika di San Lorenzo, mit den davor stehenden Resten römischer Säulen, durch das historische Stadttor Porta Ticinese (Rest der südl. Stadtmauer), geht es zum alten Kanal Naviglio Pavese.

Kanal Naviglio Pavese Darsena in Mailand

das Darsena Viertel am Kanal
Die künstlichen Wasserstraßen von Mailand werden von Flüssen des Hinterlandes gespeist. Das System der Schleusen wurde im 15.Jahrh. von Leonardo da Vinci entwickelt und existiert heute noch. Im romantischen Darsena Viertel, an den Kanälen, gesäumt von kleinen Lokalen, Bars und Bistros, geht es gemütlicher zu, man sitzt, hört den Straßenmusikern zu und trinkt seinen Café oder Wein. So lassen wir die Großstadt ausklingen.
Die nächsten 4 Tage sagt uns der Wetterbericht ergiebigen Regen voraus. Die besten Voraussetzungen um Ruhe und Gleichmut zu üben. Wir fahren nach Lecco am Comersee.

Lecco, 2 extra eingezeichnete, sehr schmale Stellplätze auf einem Parkplatz, Blick auf den See,
400m zur Stadtmitte, N 45° 50.926 O 009° 23.095, keine Ver-/Entsorgung, kein Strom, 5,00 €

der Comersee bei Lecco
Unser Blick vom Mole auf die Stadt.

Lecco am Tag

Lecco bei Nacht
Die 2 Tage dort füllen wir mit Entspannen, Lesen und kleine Leckerreien essen.
Zum Einkaufen gehen wir, bei einer Regenpause in die Stadt.

Piazza Mario Cermenati in Lecco am Comer-See
Auch Christa hält die beiden Tage ohne Programm aus.
Am nächsten Morgen nutzen wir, einige Stunden ohne großen Regen, um, auf der alten Uferstraße, am Ostufer den See entlang zu fahren. Im Gegensatz zur neuen Straße Lecco-Chiavenna, die von Tunnel zu Tunnel führt, und damit natürlich die Fahrzeit enorm verkürzt ist das Fahren auf der alten Straße ein gemütliches Dahinzockeln. Die Straße ist eng, an manchen Stellen muß der Gegenverkehr abgewartet werden, die Höhenbegrenzung in den Galerien liegt bei 3,50m , aber der Blick auf den See wiegt die längere Fahrtzeit auf, wenn man die Zeit hat.
Wir kommen nach Chiavenna und der heftige Regen setzt wieder ein. Die Zeit verbringen wir wie in Lecco, allerdings ohne Seeblick, dafür singt und gurgelt uns der stark angeschwollene Bach, die Mera, in den Schlaf.

vor dem Regen

nach dem Regen
Der Fluß Mera in Chiavenna bei unserem ersten Besuch und jetzt nach dem Regen
Am Nachmittag des zweiten Tages hellt das Wetter etwas auf, so das wir einen Spaziergang in das Städtchen wagen.


Einen Moment lang hört es ganz auf zu Regnen, so können wir nochmal auf der Piazza sitzen und einen Aperol genießen.

Brücke San Giovanni Nepomuceno

Piazza Pestalozzi
Nach zwei Regentagen hier, bessert sich endlich das Wetter und für uns geht es wieder über den Malojapass, diesmal hinauf, zu den Anfängen des Inn, dessen Tal wir bis kurz vor Innsbruck folgen wollen.